Ist Chef sein out?

25. September 2023


Was sind die wahren Gründe und wie können Unternehmen eine Lösung finden? Diese brennenden Fragen beantwortete uns Christian Hener, geschäftsführender Gesellschafter der EO Austria GmbH. Er ist Gründer eines erfolgreichen IT-Unternehmens, Kenner der Branche und Experte für Personalsuche im Segment der Führungskräfte.

Ein Führungskräftemangel zeichnet sich ab. Was sind die wesentlichen Einflussfaktoren?

Einer der zentralen Faktoren ist der demografische Wandel. Es gibt schlichtweg weniger Personen in der Grundgesamtheit. Dadurch ist schon heute die Auswahlmöglichkeit stark reduziert. Das Resultat sind weniger Personen, die als potenzielle Führungskraft in Frage kommen. Hinzu kommt oftmals der fehlende Wille oder die Motivation, diesen Karrierepfad zu beschreiten. Der Erfolgshunger ist nicht in ausreichendem Maße vorhanden. Es gibt wenigerMotivation, zusätzliches Geld zu verdienen und beruflich voranzuschreiten. Es mangelt an Vorbildern, die vermitteln, dass man durch Engagement etwas erreichen kann. Junge Menschen sind es zudem gewohnt, schnell die Früchte ihrer Arbeit zu ernten und sind ungeduldig. Langwierige Karrierewege und starre Strukturen schrecken die jüngeren Semester ab.

Ist das Konzept „Chef“ aus unserer Zeit gefallen – nicht mehr attraktiv?

Jede Form von Gruppe oder Organisation, egal ob im Sport oder im Unternehmen, benötigt einen Trainer oder Chef. Um gemeinsame Erfolge zu erzielen, benötigt es diesen „Leuchtturm“. Die junge Generation arbeitet eher für Inspiration, für Innovation und für das „Warum“. Erfolgreiche Unternehmen haben inspirierende Personen an ihrer Spitze. Neben innovativen Produkten oder Dienstleistungen entwickeln sie ihre Organisation weiter. Diese Organisationen zeichnen sich durch „Leuchttürme“ an Personen im mittleren Management aus. Genau jene Vorbilder benötigt es. Die Grundbedürfnisse junger Menschen sind zwar gedeckt. Dennoch können junge Menschen für Führung und die sprichwörtliche Extrameile begeistert werden. Was es jedoch zwingend benötigt, sind Identifikation und Vorbilder in der Führung. Kurzum, das „Warum“ muss erkennbar sein.

Gibt es einen systematischen Wandel in der Führung?

Zweifelsohne. Blut, Schweiß, Tränen und eine fachliche Führung waren das Konzept der vergangenen Jahrzehnte. Das Thema „Führung“ kam auf den fachlich versierten und engagierten Mitarbeiter fast automatisch zu. In der heutigen Zeit ist neben wirtschaftlichen Erfolgsparametern das „Emotionsmanagement“ gefragt. Eine Spitzenleistung im Emotionsmanagement ist aktuell relevanter als die absolute fachliche Kompetenz. Teambuilding, das Erkennen der individuellen Skills und der richtige Einsatz der Personen sind die wesentlichen Aufgaben einer Führungskraft der Neuzeit. Dieser Wandel, hin zu Führungskräften als Leuchtturm, Inspiratoren oder Motivatoren, hat sich in den letzten Jahren stark dynamisiert.

Wie baut man nun Führungskräfte der Zukunft auf?

Erfolgreiche Unternehmen warten nicht zu, bis die alte Garde in Pension geht, um 5 Jahre zuvor hektisch einen Nachfolger aufzubauen. Im Gegenteil. Man durchmischt ganz bewusst die Organisationsstruktur auf Basis des Alters. Diese Unternehmen agieren proaktiv und warten nicht, bis der Hut brennt. Sie unternehmen Anstrengungen, Diversität bezogen auf das Alter wirklich zu leben und jungen, potenziellen Mitarbeitern einen Aufstieg zu ermöglichen. Sie sichern so eine gemeinsame Basis bzw. ein gemeinsames Mindset, weil die Alterslücken gar nicht erst entstehen. Zusätzlich signalisieren sie jungen Mitarbeitern, dass es sich lohnt und die Chancen zum Aufstieg gegeben sind. Die vorher zitierten Leuchttürme und Vorbilder entstehen dann wie von selbst. So schließt sich der Kreislauf.

Danke für die inspirierenden Gedanken zum Thema, Herr Hener.



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